REISEPAUSE IM REGENPARADIES!

Es ist besser zu genießen und zu bereuen, als zu bereuen, dass man nicht genossen hat (Giovanni Boccaccio)

Wir haben uns vorläufig fest gefahren – nicht im Untergrund, sondern in Galicien. Nach gut 3 Monaten unterwegs machten wir uns so langsam Gedanken, wo das Schiff denn die kommende Zeit bleiben könnte, wenn wir uns wieder aufmachen in Richtung Schwäbische Alb. Zufälligerweise (aber es gibt ja keinen Zufall…) kam uns da vor der portugiesischen Grenze die kleine Hafenstadt Muros in die Quere und: es war Liebe auf den ersten Blick!

Reisepause im Regenparadies

Einen Yachteigner plagen ja mitunter auch Sorgen. Zum Beispiel Folgende:

wo können wir das Schiff sicher im unbekannten Ausland abstellen; ist die Marina vertrauenswürdig und wird während unserer Abwesenheit auch nach dem guten Stück geschaut; hoffentlich wird nichts gestohlen, am besten gleich gar nicht die ganze Jacht; wie ist der Kontakt zum Hafenpersonal und überhaupt: was sagt die innere Stimme dazu; soll man die Jacht im Wasser liegen lassen oder besser an Land stellen; wenn die Entscheidung für das Wasser fällt – liegt der Hafen einigermaßen geschützt oder zerrt das Meer monatelang unbarmherzig an den Leinen? Zu guter Letzt stellt man natürlich die Frage der Fragen: was soll das Ganze denn kosten?

All solche Fragen gehen einem durch den Kopf, wenn langsam aber sicher das Ende der geplanten Segelsaison naht. Und dass man sich früher oder später für einen Platz entscheiden muss, macht das Ganze nicht einfacher. Unsere Entscheidung ist früher gefallen – für Galicien, für Muros, für einen kleinen Jachthafen und für eine unglaublich schöne, abwechslungsreiche Landschaft – wenn die Sonne scheint, kein Sturm bläst und es nicht tagelang ohne Unterlass regnet. Wir befinden uns nämlich in einer der regenreichsten Gegenden Europas!

Ob’s passt oder nicht entscheidet sich ja nicht nur bei Menschen in den ersten Sekunden oder Minuten, sondern das Bauchgefühl scannt gleichzeitig auch die weiterreichende Umgebung. In unserem Fall das kleine Städtchen Muros, das alles bietet, was es zum guten Leben braucht. Drei Supermärkte in gehbarer Entfernung, eine Wäscherei, Post und jede Menge Cafés, in denen man das geliebte Getränk in allen Varianten zu sich nehmen kann. Dann auch die brauchbare Busverbindung zu größeren Städten, um einen Flughafen oder eine Zugverbindung zu erreichen. Überhaupt natürlich die Landschaft, in der man sich wohl fühlt und auch wandertechnisch Einiges zu bieten hat. All dies stellte sich in kürzester Zeit als für uns gut heraus. Pedro der Hafenmeister hat dann vollends den Ausschlag zum Bleiben gegeben. Er hat uns nicht nur einen guten Liegeplatz zugewiesen, sondern auch darauf einen bezahlbaren Preis kund getan hat.

Das Wichtigste aber überhaupt ist natürlich die Segelei. Und da hat Galicien mit seinen Rias noch sehr viel zu bieten. Rias sind hier schmale, tief ins Land reichende Meeresbuchten, die nach dem Ende der Eiszeit aus überfluteten Flusstälern hervorgegangen sind. Die vier “Rias Baixas” reichen vom Kap Finisterre bis an die portugiesische Grenze und sind zumeist vom Atlantik recht geschützt. Viele kleine Hafenstädte mit Marinas stehen zur Verfügung, aber auch jede Menge Ankerplätze laden zum Verweilen ein.

So werden wir also demnächst unsere “Yámana” hier eine Zeitlang alleine lassen um die Familie zu besuchen und im Lautertal nach dem rechten zu sehen.

Summa Summarum waren es sehr eindrückliche 4 Monate, die schließlich doch recht schnell vergangen sind. Da es sich laut Einheimischen wohl um einen der regenreichsten Winter seit langem gehandelt hat, mussten wir viel kaltes, nasses und von vielen Tiefs geprägtes Wetter aushalten und auch aussitzen. Aus diesem Grund ist unsere geplante Strecke jetzt auch ein wenig kürzer geworden, aber es gibt ja nichts Negatives, das auch etwas Positives beinhaltet. So haben wir beispielsweise viele nette Crews anderer Jachten kennengelernt, mit denen wir nach wie vor in Kontakt stehen, und – hier in Galicien sind wir an einem Stück Erde gelandet, das es wert ist, noch weiter erkundet zu werden.

Insgesamt fühlen wir uns sehr entschleunigt und weit davon entfernt, die Welt im Galopp zu konsumieren. Wir empfinden diese langsame Art des Reisens als außergewöhnliches Privileg – das Einzige was dazu notwendig ist, ist Zeit.

Reisen ist das Einzig Taugliche gegen die Beschleunigung der Zeit (Thomas Mann)